Perfektionismus ablegen

Perfektionismus ablegen – wie es einfach gelingt

Kennst du das auch? Du möchtest am liebsten alles perfekt machen?

Am besten gibt es keine Möglichkeit, dich für irgendetwas zu kritisieren. Du strebst danach, bloß keine Fehler zu machen.

Du findest nie wirklich Befriedigung in deinen Ergebnissen, weil du es noch besser hättest machen können. Manchmal fängst du gar nicht erst mit der Aufgabe an, aus Angst es könnte nicht perfekt werden.

Sätze, die Perfektionisten häufig verwenden:

  • „Erst, wenn alles perfekt ist, bin ich liebenswürdig.“
  • „Ich muss immer 100% geben, sonst verdiene ich mein Gehalt nicht.“
  • „Ich mache meine Aufgaben zwar sogfältig, aber nicht schnell gut.“
  • „Ich bin heute nicht so gut drauf, ich spreche die nette Dame dort drüben lieber nicht an.“
  • „Wenn ich einen Fehler mache, dann lehnen mich andere ab.“
  • „Wenn mir etwas misslingt, bin ich ein Versager.“
  • „Ich habe nur eine 1,3 in der Klausur, das geht besser. Wirklich zufrieden bin ich nicht.“

Perfektionismus ablegen kann jeder

Perfektionismus ablegen kann jeder. Viele Perfektionisten sehen als einzige Alternative zu ihrem Perfektionimus, ihre Aufgaben von nun an halbherzig oder gar schlampig zu erledigen.

Doch das bedeutet es in keinem Fall.

Es geht darum, weiterhin große Ambitionen zu haben und ein hohes Maß an Qualität anzustreben. Jedoch die Fähigkeit zu entwickeln, mit Fehlern oder auch Niederlagen umzugehen und sich über Erfolge und bewältigte Arbeit zu freuen.

Vor allem ist Perfektionismus jedoch ein Thema deines Selbstwertgefühls. Perfektionismus entsteht, wenn du denkst, du müsstest deinen Wert als Mensch unter Beweis stellen.

Meistens rühren diese Verhaltensweisen aus unserer Kindheit her. Eltern oder Lehrer haben uns beigebracht, dass wir nur liebenswerte kleine Geschöpfe sind, wenn wir schön artig unsere Aufgaben erledigen und dabei nicht murren.

Diese Verhaltensweisen haben wir bis ins Erwachsenenalter mit rübergenommen.

Oftmals völlig unbewusst leben wir diese Programmierungen heute aus. Wir sind davon überzeugt, wir müssten unseren Wert erst beweisen, indem wir alles perfekt machen. Früher bekamen wir eine Eins mit Sternchen, heute gibt es eine Beförderung, Firmenwagen oder einen dicken Bonus am Jahresende.

Aber nicht nur im Job zerrt unser Perfektionismus an der Substanz. Oftmals haben wir Probleme, auf das andere Geschlecht zuzugehen, weil wir meinen, wir müssten perfekt sein. Wir sind davon überzeugt, sobald wir eine Schwäche zeigen, würden wir sofort abgelehnt werden.

Das baut natürlich eine Menge Druck auf und nimmt die Leichtigkeit und Verspieltheit. Oftmals klappt es dann wirklich nicht, mit dem Kennenlernen.

Doch nicht, weil wir nicht perfekt genug sind, sondern, weil wir mangelndes Selbstwertgefühl haben und uns selbst nicht ausstehen können.

Das ist der wahre Grund.

Perfektionismus ist schlecht für uns.

Wir stehen ständig unter Spannung.

Wir gönnen uns keine Ruhepausen, auch wenn unser Körper es fordert.

Wir pushen uns zu immer weiteren Höchstleistungen und freuen uns nur kurz, wenn wir sie erreicht haben. Doch was können wir dagegen tun? Diese Form von Perfektionismus schlägt über kurz oder lang auf die Psyche und die körperliche Gesundheit.

Perfektionismus ablegen durch Arbeit am Selbstwertgefühl

Der nachhaltigste und gleichzeitig schwierigste Weg, unseren Perfektionismus abzulegen ist es, an seinem Selbstwertgefühl zu arbeiten. Es geht nicht darum, ab heute alles halbherzig zu machen und zu pfuschen.

Es geht viel mehr darum zu lernen, seinen Wert als Person nicht von seiner Leistung abhängig zu machen.

So können wir weiterhin einen hohen Standard an uns selbst und unsere Arbeit haben, gleichzeitig fühlen wir uns nicht so mies, wenn wir einmal nicht 100% bringen können.

Machen wir einen Fehler in der Sache heißt es nicht, dass wir als Person fehlerhaft sind.

Diesen Glauben haben leider immer noch viel zu viele Menschen.

Ich litt auch eine lange Zeit darunter. Doch ich habe gelernt, mich selbst so anzunehmen, wie ich bin. Ich renne jetzt nur noch äußerst selten einem Ideal hinterher, das ich sowieso nicht erreichen kann.

Ich habe die Beziehung zu mir selbst soweit ausgebaut, dass ich auch bei Fehlern liebevoll mit mir umgehe und mich nicht fertigmache. Ich habe gelernt, wie hohe Ansprüche an mich und meine Arbeit haben kann, gleichzeitig meinen Wert als Person nicht daran knüpfe.

Veränderung dauert seine Zeit

Ich würde dir gerne etwas anderes sagen, aber das hat eine ganze Zeit gedauert. Denn solche Angewohnheiten können echt hartnäckig sein. Sie kennen alle Tricks und schleichen sich sofort wieder zur Hintertür herein, wenn du sie einmal aus der Haustür herausjagen konntest.

Zuerst einmal habe ich erkannt, dass niemand perfekt ist und es Perfektion nicht gibt.

Ich habe mir angewöhnt, flexibel zu sein und mich auch mit 80% zufrieden zu geben. Ich gebe lieber über einen langen Zeitraum konstant 80%, anstatt durch mein Streben nach den unerreichbaren 100% mein Selbstwertgefühl und meine Beziehung zu mir selbst aufs Spiel zu setzen.

Ich habe mir angewöhnt, Fehler nicht als etwas zu sehen, was auf Teufel komm raus nicht in meinem Leben sein darf. Fehler lassen mich wachsen. Jeder Fehler lehrt mich etwas und jeder Fehler vertieft die Beziehung zu mir selbst.

Außerdem habe ich gemerkt, dass ich auch Erfolge feiern kann, wenn ich nicht zu 100% alles perfekt mache. Dieser Artikel ist weit entfernt davon, perfekt zu sein. Ich veröffentliche ihn trotzdem. Weil er auch ohne diese Perfektion eine wichtige Botschaft vermitteln kann. Das ist für mich Erfolg.

Vielleicht wird der Beitrag nicht 1000x auf Facebook geteilt. Das ist auch gar nicht nötig. Er erfüllt seinen zweck und hilft den Menschen weiter, denen er weiterhelfen soll.

Worte sind am Ende doch nur Schall und Rauch

Nehmen wir einmal das Wort „Erfolg“. Unter Erfolg versteht jeder Mensch etwas anderes.

Bei jedem Menschen müssen andere Regeln erfüllt sein, damit er „erfolgreich“ ist. Bei dem einen reicht es schon aus, wenn er am Ende des Monats nicht in den Miesen steckt, jemand anders braucht 50 Millionen auf dem Konto und ist bei 49 regelrecht unzufrieden und sieht sich als Loser an.

Möchten wir unseren Perfektionismus ablegen, so können wir unsere ganz persönlichen Regeln einmal genauer unter die Lupe nehmen.

Welche Regeln müssen bei dir erfüllt sein, damit du zufrieden bist?

Wann kannst du deiner Arbeit den Stempel „gut genug“ aufdrücken? Erst, wenn du sie das vierte Mal überarbeitet hast? Oder früher?

Nimm dir hier Zeit und lerne dich wirklich besser kennen. Oftmals arbeiten diese Regeln bei uns nämlich im Verborgenen. Wir sind uns ihnen nicht bewusst. Sie sind schon so lange in unser Unterbewusstsein eingebrannt, dass wir sie schlicht nicht mehr wahrnehmen. Doch ohne diese Regeln wieder mehr ins Rampenlicht zu rücken kannst du deinen Perfektionismus nicht ablegen.

Dann können wir uns überlegen, welche Regeln für uns mehr Sinn machen.

Denn es gibt nirgendwo ein Kommitee zur Festlegung von Erfolgsrichtlinien. Sie entstehen für jeden Menschen ganz individuell in ihrem Köpfen. Nur in unseren Köpfen. Hier gibt es keine Objektive Realität. Also können wir Einfluss nehmen und unsere Regeln verändern.

Unsere Regeln sind, wie so vieles in unseren Leben, oftmal unbewusst entstanden. Ich kenne wenige Menschen außerhalb der Persönlichkeitsentwicklung, die ihre Regeln für Erfolg oder Regeln um sich glücklich zu fühlen wirklich bewusst ausgesucht haben. Doch haben wir Menschen die Fähigkeit dazu. Unsere Regeln sind nicht in Stein gemeißelt.

Für mich gibt es keinen Grund, das ganze Leben mit ungünstigen Regeln herumzulaufen. Auch das Argument: „Das bin ja gar nicht ich“, lasse ich nicht gelten.

Es gibt Menschen, und ich kenne einige davon sehr gut, die brauchen nichts, um sich wirklich gut zu fühlen. Sie haben entschieden dass es reicht, wenn sie jeden Morgen aufwachen und diese herrliche Luft einatmen dürfen. Mehr brauchen sie nicht. Das ist ihre Regel, um sich gut zu fühlen.

Es gibt keine Regeln, die schlechter sind und welche, die besser sind.

Es gibt nur Regeln.

Wie du sie gestaltest, das bleibt dir überlassen. Also kannst du genauso gut entscheiden, dass es dir wichtiger ist, deine Aufgaben überhaupt fertigzubekommen, anstatt aus Perfektionismus ewig an ihnen rumzudoktorn und weiterzuziehen, wenn sich einmal Schwierigkeiten auftun.

Was glaubst du, wieviel erfolgreicher würdest du dadurch werden?

Wir Perfektionisten führen uns gerne wie strenge Richter auf. Wir sind gnadenlos in der Bewertung und lassen selten Milde walten.

Doch führt uns das am Ende noch nicht einmal zu einem besseren Ergebnis. Wir machen uns das Leben nur unnötig schwer. Wir lassen nicht zu, während dem Schöpfungsprozess Freunde und Spaß zu empfinden. Sobald wir zu sehr auf ein bestimmtes, am besten absolut perfektes Ergebnis fixiert sind, stirbt jegliche Kreativität.

Die Arbeit wird zu einer einzigen Qual und wir zermartern und das Hirn, ob unsere Arbeit denn auch wirklich gut genug geworden ist.

Wenn wir überhaupt angefangen haben, zu arbeiten. Denn ein weiteres Symptom von Perfektionismus ist es, aus Angst, nicht perfekt sein zu können, gar nicht erst anzufangen. Wir schieben die Arbeit dann unnötig auf oder stampfen das Projekt komplett ein. Alles ist uns lieber, als ein nicht vollkommen perfektes Ergebnis aufzuliefern.

Die Lösung

Ich gehe mit meinem Perfektionismus so um, dass ich ihn benutze, um mir die perfekten Bilder in meinen Kopf zu zaubern. Ich weiß ganz genau, was ich will und wie es aussehen soll. Doch anstatt dann krampfhaft diesem Ideal hinterherzurennen, lasse ich einfach los.

Ich gehe an die Arbeit und konzentriere mich voll und ganz auf die Aufgabe. An dem Bild, was ich mir vorher gemacht habe, klammere ich mich nicht unnötig fest. Ich weiß, dass es da ist. Aber ich mache nicht bei jedem Schritt einen Abgleich, ob ich es schon erreicht habe.

Genau das ist der Grund, wieso ich später oftmals genau das Resultat bekomme, was ich möchte und dabei sogar noch Spaß und Freunde an der Tätigkeit haben kann. Ich nehme mir so den Druck, etwas erreichen zu müssen – und erreiche es aus diesem Grund effektiver und in einer höheren Qualität.

Indem ich mir ein Bild mache, programmiere ich mein Unterbewusstsein. Ich sage ihm ganz genau, was ich haben will, und überlasse ihm dann die Umsetzung. Das dauert manchmal länger, manchmal geht es echt flott.

Loslassen lernen war für mich hierbei der schwerste und zugleich der lohnenste Schritt.

2 Kommentare
  1. Anja
    Anja sagte:

    Ich glaube wir sind generell einfach viel zu kritisch mit uns selbst. Von anderen erwarten wir doch im Regelfall auch keine Perfektion, bzw. wir nehmen gar nicht wahr, dass eine bestimmte Sache in ihren Augen nicht perfekt ist.
    Cool, dass du in diesem Punkt schon so weit bist! Die Geschichte mit dem Visualisieren kenne ich auch, bin da allerdings noch ganz schön inkonsequent…
    LG

    Antworten
  2. Tim Hamer
    Tim Hamer sagte:

    Hey Anja,

    so ist es! Doch eigentlich sollten wir doch die allerersten sein, die wir mit Rücksicht und Mitgefühl behandeln.

    Das Gute ist: Jeder kann es lernen! :)

    Liebe Grüße

    Tim

    Antworten

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